Heute bereits werden viele Akten in den kommunalen Verwaltungen rein
elektronisch geführt, die später ins Archiv müssen. "Wir sind
verpflichtet, auch diese Akten zu sichern", erklärte Dr. Marcus Stumpf,
Archivdirektor beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), zur
Eröffnung des 65. Westfälischen Archivtags vor 250 Fachleuten in
Münster. Unter dem Titel "Elektronische Archivierung in der Praxis,
Bauaktenarchivierung und digitale Dienstleistungen" gehen die Fachleute
aus Westfalen-Lippe und den angrenzenden Bundesländern am Dienstag und Mittwoch (19. und 20. März) der Frage nach, wie die kommunalen Archive der Pflicht zur Archivierung nachkommen.
"Die Fragen der elektronischen Langzeitarchivierung sind keine ferne
Zukunft, sondern höchst aktuell", erläuterte Stumpf, Leiter des
LWL-Archivamts für Westfalen. Verwaltungen seien schon dabei, ihre
Arbeitsabläufe elektronisch nachzubauen und dann mit elektronischen
Akten zu arbeiten. "Aber wie lange ist eine Datei haltbar, und was
passiert mit den Papier-Akten?" Gerade hier seien Archiv-Fachleute
gefragt, die in Jahrhunderten dächten. Stumpf: "Verwaltung ist an der
Gegenwart orientiert, IT-Experten schauen gerade mal zehn Jahre in die
Zukunft."
Für eine elektronische Archivierung würden sich erst Standardverfahren
herausbilden, etwa bei der Frage, welche Datei-Formate - wie PDF A oder
JPG2000 - "langzeitstabil" seien, so der LWL-Fachmann weiter.
Angesichts der Kosten und zunehmenden technischen Anforderungen seien
Archiv-Verbünde, in denen sich Kommunen zusammenschlössen, sinnvoll.
"Gern haben wir den Westfälischen Archivtag in diesem Jahr nach Münster
eingeladen, um ein Jubiläum zu feiern", erklärt die Beigeordnete für
Kultur, Dr. Andrea Hanke. "Vor 100 Jahren wurde das
Stadtarchiv erstmals hauptamtlich besetzt und zählt damit zu den
profiliertesten Archiven in Westfalen-Lippe." Auch Hanke stellt im
Alltag der städtischen Verwaltung eine wachsende Zahl rein digitaler
Unterlagen fest. "Wir müssen uns damit befassen, dass auch diese Akten
als Zeugnisse für die heutige Zeit erhalten werden."
Diese neuen Herausforderungen bedeuten für die kommunalen Archive eine
deutliche Erweiterung ihres Dienstleistungsspektrums. Im Mittelpunkt des
zweiten Veranstaltungstages stehen Quellen, die bei der Bauverwaltung
entstehen. Dort führen die technischen Entwicklungen in den Bereichen
Architektur, Bau- und Stadtplanung zunehmend zur elektronischen
Aktenhaltung.
"Das bedeutet konkret, dass in der Zukunft alle Informationen zu den
Gebäuden einer Stadt aus den elektronischen Akten gezogen werden müssen,
erklärt der Münsteraner Stadtarchivar Dr. Hannes Lambacher.
"Bauakten sind nicht nur für Historiker, sondern auch noch nach
Jahrzehnten für die Stadtverwaltung interessant. Bei nachträglichen
Umbaumaßnahmen wird oft auf die darin enthaltenen Pläne
zurückgegriffen."
Diese neue Herausforderung bedeutet nicht nur eine Erweiterung des
Aufgabenspektrums der Archivare, sondern auch eine Verschiebung ihrer
Tätigkeiten und macht die Aneignung neuer Kompetenzen für Kommunen und
ihre Archive unverzichtbar. "Archive sind eben keine reinen
Kulturinstitutionen, sondern finden sich immer mehr in der Rolle von
Dienstleistern, wenn elektronischen Akten und Verfahren in der
Verwaltung Einzug halten, und genau das passiert gerade im LWL selbst,
wo das Archivamt intensiv bei der Einführung der "E-Akte" beteiligt ist,
erläuterte die LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale.
Dass von den Erfahrungen des Archivamtes auch andere profitieren, hatte schon Michael Pavlicic,
erster stellvertretender Vorsitzender der Landschaftsversammlung
Westfalen-Lippe zur Eröffnung der Veranstaltung betont: "Mit dem
LWL-Archivamt für Westfalen steht den Archiven in Westfalen-Lippe eine
kompetente Beratungseinrichtung zur Verfügung, die in anderen
Bundesländern für kommunale Archive nicht zu finden ist."
LWL-Einrichtung:
LWL-Archivamt für Westfalen
Jahnstr. 26
48147 Münster
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