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Donnerstag, 15. August 2013

200 Jahre Infanterieregiment

Diese Postkarte erinnert an die im Krieg zerstörte „Germania“ und ist im Stadtmuseum in der Ausstellung „200 Jahre Infanterieregiment Nr. 13“ zu sehen. Foto: Stadt Münster.

Mit geneigtem Haupt blickt sie von einem hohen Sockel herab: Die etwa zwei Meter hohe Germania des Kriegerdenkmals des 1. westfälischen Infanterieregiments Nr. 13 in Münster. Aus dem Stadtbild ist das frühe Denkmal Münsters längst verschwunden. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, nachdem es an das Neubrückentor versetzt worden war.

Freitag, 26. Juli 2013

Am 30. Juli ist der Internationale Tag der Freundschaft

Deckblatt eines Poesie-Albums, das zu Weihnachten 1908 verschenkt wurde.
Foto: LWL-Archiv


Poesiealben sind seit langer Zeit ein beliebtes Mittel, um Worte der Freundschaft schriftlich festzuhalten und damit für die Zukunft zu bewahren. "Und dies im wahrsten Sinne des Wortes", wie Katharina Klapdor von der Volkskundlichen Kommission beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) anlässlich des Internationalen Tages der Freundschaft am 30. Juli erklärt. "Wer ein Poesiealbum besitzt und eine andere Person auffordert, sich dort zu verewigen, signalisiert, dass er sich für die Person interessiert und diese in Erinnerung behalten will."

Im Archiv der LWL-Kommission bewahren die Volkskundler Poesiealben, die teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. War es zunächst nur in Adelskreisen üblich, Poesiealben zu pflegen, erreichte diese Sitte schnell auch bildungsbürgerliche Kreise. Wer ein Poesiealbum besaß, ließ aber nicht nur Freunde und Freundinnen etwas hineinschreiben, sondern auch Lehrer, Pfarrer, Eltern oder Personen, die man bewunderte. In dieser Zeit waren es vor allem Erwachsene, die diese Bücher pflegten. Der Sinnspruch war als Eintrag stets beliebt, die Einträge aus dieser Zeit haben häufig einen Bezug zum christlichen Glauben. So schrieb Johanne H. aus Bielefeld im Jahr 1897 für ihre Freundin Johanne K.: "Verzage nicht! Ergib dich Gottes Willen; Mag auch in Nacht sich deine Zukunft hüllen, der lebt ja noch, der spricht: 'Es werde Licht!‘ Verzage nicht!"

Neben diesen aufmunternden Botschaften finden sich in den Poesiealben aber auch mahnende Worte. Wilhelmine Q. aus Unna schrieb ihrer Cousine Clara S
 ch.im Jahr 1905: "Das Glück hat enge Grenzen, gar klein ist sein Gebiet. Verlange nicht nach Kränzen, wenn dir dein Stündlein blüht."

Deckblatt eines Poesie-Albums aus Lübbecke-Blasheim (Kreis Minden-Lübbecke)
aus der Zeit zwischen 1880 und 1898. Foto: LWL-Archiv

Waren Poesiealben zu dieser Zeit Bücher, die lediglich auf den Einbänden reich verziert und sonst mit leeren Seiten bestückt waren, sind die Poesiealben heutzutage bereits vorformatiert. Bekannt sind Poesiealben heute vielerorts als Freundschaftsbücher. Häufig werden Fragen vorgegeben, die beantwortet werden sollen, wobei der Antwort nur eine bestimmte Zeilenanzahl eingeräumt wird. Die Fragen reichen vom Namen und dem Geburtsdatum und über Frage nach Hobbys, Lieblingsbüchern oder Lieblingsmusik bis zu der Aufforderung, dem Besitzer mitzuteilen, "Was ich dir schon immer mal sagen wollte." "Diese Aufforderung führe häufig zu der einfachen aber gutgemeinten Bitte: Bleib wie du bist!", wie Klapdor hinzufügt. Die Tatsache, dass die Eintragungen im Poesiealbum, wenn sie einmal niedergeschrieben stehen, nicht wieder rückgängig gemacht werden können, führe dazu, das in diesen Alben damals wie heute ein überaus höflicher Ton herrscht.

"Poesiealben und Freundschaftsbücher geben Aufschluss darüber, wie die Menschen zu einer bestimmten Zeit in ihrem Umfeld mit Freundschaft umgegangen sind, was sie einander wünschten und mit welchen Worten sie dem jeweiligen Freund in Erinnerung bleiben wollten", erklärt Klapdor.

Mehr zum Thema Poesiealben finden Interessierte im online-Archivportal der Volkskundlichen Kommission für Westfalen unter http://www.lwl-volkskundearchiv.org


LWL-Einrichtung:
Volkskundliche Kommission für Westfalen
Scharnhorststr. 100
48151 Münster
Karte und Routenplaner


Donnerstag, 20. Juni 2013

Über die Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft


Wildes Campieren 1932.
Foto: LWL-Archiv

 
Mit Zelt, Wohnwagen oder 
Reisemobil unterwegs 

Ob Naherholung, Atlantikurlaub oder Italienrundreise: Wer mit Zelt, Wohnwagen oder Reisemobil unterwegs ist, will nicht einfach nur Urlaub machen. Camping bedeutet Unabhängigkeit, Naturverbundenheit und Selbstbestimmtheit. Diesem besonderen Lebensgefühl geht die Wanderausstellung "Campingkult(ur). Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft" des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL) auf den Grund. Die Ausstellung, die Hans Jürgen Zurbrüggen, 2. stellvertretender Vorsitzender der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe, am 9. Juni eröffneten, ist bis 4. August im Städtischen Museum/Daniel-Pöppelmann-Haus in Herford zu sehen und wandert danach durch sieben weitere westfälische Museen.


Urlaub mit dem Wohnwagen an der Algarve, Portugal 1988.
Foto: Ulrich Neseker
"Wer mit Zelt, Wohnwagen oder Reisemobil wegfährt, will nicht einfach Urlaub machen: Camping erfüllt die Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft", bringt Ausstellungsmacherin Maleen Knorr vom LWL-Museumsamt für Westfalen das besondere Camping-Gefühl auf den Punkt. In fast jedem Fotoalbum sind sie zu finden: Urlaubsaufnahmen, längst vergessene Schnappschüsse und sorgsam inszenierte Aufnahmen, eingeklebt und akribisch beschriftet. Sie zeugen von den ersten Urlauben im Zelt ohne Eltern, unbeschwerten Ferienlagern, warmen Sommernächten am Lagerfeuer und abenteuerliche Fahrten mit dem Wohnwagen oder Reisemobil. Anhand privater Erinnerungen und verschiedener Objekte gewährt die Ausstellung tiefe Einblicke in alle Facetten dieser populären Reiseform. "Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die persönlichen Geschichten und Erinnerungen der Campingbegeisterten, die in Interviews Rede und Antwort standen", erklärt Knorr. "Es geht darum, in die Lebenswelt der Camper einzutauchen und ihr Alltagsleben kennenzulernen", so Knorr weiter.

Daher ist die Ausstellung nicht chronologisch, sondern thematisch aufgebaut: Nach einer Einführung in die Kulturgeschichte der Campingreisen durchläuft der Besucher ihre verschiedenen Phasen: von der Planung und Vorbereitung des Urlaubs über die Freizeitge-staltung und Essgewohnheiten vor Ort.


Gemeinsames Essen auf einem Campingplatz in
Hoyerswerda, 1980er Jahre. Foto: Gerlinde Handt
Argumente für das "Wildcampen" und das Übernachten auf dem Campingplatz werden präsentiert und die hygienischen Bedingungen des Campingurlaubs beleuchtet. Die Reiseerinnerungen bilden den Abschluss der Urlaubsreise, hier dreht sich alles um Souvenirs wie Reisetagebücher, Fotoalben und Filmaufnahmen. Am Ende der Ausstellung wird noch ein Blick auf die Dauercamper geworfen.


In jeder "Urlaubsphase" stößt der Besucher auf die passenden Objekte: Werbeprospekte, Gaskocher, Geschirr, Kühlboxen, Picknickkoffer, Sonnenschirme, Dias und Filme illustrieren den Campingalltag. Die Objekte stammen zum Großteil von Privatleihgebern aus Westfalen-Lippe.


Da der VW-Käfer nicht viel Stauraum bot, wurde die Ausrüstung häufig auch auf dem Dach transportier, wie hier Mitte der 1950er Jahre.   Foto: Joachim Schauer

Das moderne Camping ist das Ergebnis einer mehr als 150-jährigen Entwicklungsgeschichte und gehört heute zu den beliebtesten Reiseformen. Bereits in den 1920er Jahren entstand aus der Sehnsucht nach "Freiheit, Licht und Luft" die Wochenendbewegung: Mit Sack und Pack und Zelt fuhr man am Wochenende mit dem Motorrad hinaus aus der Großstadt, um Ruhe in der Natur zu suchen. In den Wirtschaftswunderjahren brach im noch immer stark kriegsgezeichneten Deutschland ein wahrer Campingboom aus: Neben Urlaubsreisen ans Mittelmeer gewann auch das Naherholungscamping an Beliebtheit und brachte die ersten Dauercamper hervor.

Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch mit wissenschaftlichen Aufsätzen und einem Katalogteil erschienen
ISBN-Nr.: 978-3-927204-77-5.
Das Blog http://www.campingsehnsucht-lwl-blog.de begleitet die Ausstellung.

"Campingkult(ur). Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft"
Eine Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen

Städtisches Museum / Daniel-Pöppelmann-Haus
Deichtorwall 2 in 32052 Herford
9. Juni bis 4. August
Öffnungszeiten: dienstags bis samstags 14 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr

Baden und Campen am Herthasee in Hörstel (Kreis Steinfurt), um 1980.
Foto: LWL/Hild 



Weitere Stationen:

Museum Forum der Völker, Werl:
11. August bis 6. Oktober 2013

Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte:
13. Oktober bis 8. Dezember 2013

Medizin- und Apothekenmuseum, Rhede:
15. Dezember 2013 bis 9. Februar 2014

Stadtmuseum Brakel:
16. Februar 2014 bis 20. April 2014

Westfälisches Schiefer-Bergbau-Museum, Schmallenberg-Holthausen:
27. April 2014 bis 22. Juni 2014

Bauernhaus Museum, Bielefeld:
29. Juni 2014 bis 24. August 2014

Museum Wendener Hütte, Wenden:
31. August 2014 bis 26. Oktover 2014


LWL-Einrichtung:
LWL-Museumsamt für Westfalen
Salzstraße 38 (Erbdrostenhof)
48133 Münster
Karte und Routenplaner

Hochofen 3 lässt es krachen!

Mit der Produktion "Metalloid. Extra hart arbeitendes Material " kommt das Schauspiel Dortmund in die Abstichhalle. Foto: Theater Dortmund

Die Hütte rockt und der Hochofen macht Theater. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Ruhr Tourismus GmbH haben im LWL-Industriemuseum Henrichshütte für die ExtraSchicht 2013 am Samstag, 6. Juli, ein Programm der ExtraKlasse entwickelt. Das Rockorchester "Ruhrgebeat" und japanische Trommeln, Grimms Märchen und Impro-Theater, Metall-Performances und Eisenguss… "Von 18 Uhr bis 2 Uhr nachts lässt Hochofen 3 es richtig krachen und macht diese Nacht der Nächte zu einem unvergesslichen Erlebnis", verspricht LWL-Museumsleiter Robert Laube.


Ab 18 Uhr erwarten die Besucher im Hattinger Industriemuseum Musik und Theater, Ausstellungen und Führungen. Im Bessemer-Stahlwerk führt das Theater Dortmund "Grimm spielen" auf. Das Impro-Theater "Frizzles" überzeugt mit Spontaneität und Sprachwitz. Die japanische Percussion-Gruppe "Tentekko Taiko" schlägt den Rhythmus der Nacht. "Metalloid" heißt die lyrisch-metallische Performance des Theater Dortmund. "Wir wollten unbedingt in die Abstichhalle des Hochofens", erläutert Dramaturg Alexander Kerlin, "die Gäste erwarten hier vier Schauspieler, 120 Werkstoffe, ein Raum voller Metall und Lyrik der deutschen Romantik." Laube ergänzt: "Wir freuen uns sehr, mit dem Theater Dortmund einen Partner gefunden zu haben, der die Hütte in eine riesige Bühne verwandelt." Neben Metall-Lyrik und Grimms Märchen sind die "Theater-Partisanen" überall auf dem Gelände unterwegs.


Die Hütte entdecken können die Gäste der ExtraSchicht bei der "hot spots"-Tour auf Hochofen 3, in der Schaugießerei oder beim Rundgang durch die Ausstellung "Atelier.Industrie" mit Karl Manfred Rennertz, der in der Nacht der Industriekultur selber mit den Schaugießern eine "ExtraSchicht" einlegt.


Museumspädagogin Sonja Meßling wirbt für die Süd-Route zur Nacht der Industriekultur: "Da ist so viel drin: Wissens-Show an der Ruhr-Uni, Geo-Kultur auf Zeche Nachtigall, Jazz in Haus Witten, Klavierklänge, Licht und Schatten in Bochum, Museumseisenbahn im Ruhrtal. Und natürlich die Henrichshütte mit ihrem Programm der ExtraKlasse."


"Das Programm ist wirklich spektakulär", freut sich Organisator Arne van den Brink. "Besonders die Familienangebote mit Märchen, Spiele-Hochofen mit Riesenrutsche und Schaugießen sind für die jüngsten Extraschicht-Gäste aufregend." Und auch den Älteren wird zu vorgerückter Stunde ein echtes Highlight geboten: Ab 22.30 Uhr rockt das Rockorchester "Ruhrgebeat" die Gebläsehalle.


Beim Finale muss dagegen das Wetter mitspielen. "Die japanischen Trommeln vor Hochofen 3, begleitet von Licht- und Feuereffekten, das ist ein Erlebnis, auf das ich mich sehr freue", so Laube. "Hoffen wir auf eine heiße und vor allem trockene ExtraSchicht."


LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen
Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur
Werksstr. 31-33
45527 Hattingen
Karte und Routenplaner






Dienstag, 18. Juni 2013

„Hilda Stern – ein jüdisches Mädchen aus Hessen“


Hilda Stern war 12 Jahre alt, als sie in ihrem Heimatort Nieder-Ohmen als Jüdin die Schule verlassen musste; sie war 17 Jahre, als sie zusammen mit ihren Großeltern, ihren Eltern und ihrem Freund von Frankfurt aus ins Getto Łódź deportiert wurde; sie war 21, als sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester 
Hilda Stern (Aufnahme aus dem Jahr 1939)
Foto: hr/Werner Cohen

Karola in Malchow die Befreiung durch die Rote Armee erlebte. Ihre Erfahrungen hat sie in Gedichten und Prosatexten verarbeitet. Schülerinnen und Schüler der Ricarda-Huch-Schule Sprendlingen haben sich mit den Texten Hilda Sterns auseinandergesetzt. Sie laden zu einer Begegnung mit dem Leben und Werk der Dichterin am Donnerstag, 20. Juni, um 19.30 Uhr in die Ricarda-Huch-Schule (Breslauer Straße 15–25, 63303 Dreieich) ein. Eine zweite Aufführung findet am Mittwoch, 26. Juni, um 19 Uhr im Museum für Heimatkunde und Geschichte Dietzenbach (Darmstädter Straße 7+11, 63128 Dietzenbach) statt. 

Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung „Legalisierter Raub“, die der Hessische Rundfunk und das Fritz Bauer Institut bis zum Sonntag, 10. November, im Dreieich-Museum zeigen. Die Ausstellung ist donnerstags und samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 18 Uhr und während der Burgfestspiele (26. Juni bis 11. August) eine Stunde vor Vorstellungsbeginn geöffnet. Für Schulen und Gruppen öffnet sie auf Anfrage außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten. (Dreieich-Museum: 06103-84914 oder 06103-8049640, info@dreieich-museum.de) 

Gefördert wird die Ausstellung vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Die regionale Präsentation wird unterstützt von der Stiftung Sparkasse Langen-Seligenstadt, dem Hessischen Ministerium der Finanzen, dem Bischöflichen Ordinariat Mainz, der Ernst Ludwig Chambré Stiftung zu Lich, der Mediengruppe Offenbach-Post, der Dr. Bodo Sponholz-Stiftung für Wohlfahrt, Kunst und Wissen, dem Evangelischen Dekanat Dreieich, der Evangelischen Burgkirchengemeinde, der Evangelischen Petrusgemeinde Langen, der Evangelisch-Reformierten Kirche Am Marktplatz Neu-Isenburg, der Dreieichschule Langen, der Ricarda-Huch-Schule Dreieich, der Volkshochschule Dreieich e.V., der Volkshochschule Kreis Offenbach, der Stadtbücherei Dreieich, dem Frauenbüro Dreieich, der Sprendlinger Bücherstube, den Bürgerhäusern Dreieich, dem Finanzamt Langen, dem Geschichts- und Heimatverein e. V. Dreieichenhain, dem Heimat- und Geschichtsverein Dietzenbach e.V., dem Museum für Heimatkunde und Geschichte Dietzenbach, den Freunden Sprendlingens und dem Stadtarchiv Dreieich. 

Weitere Informationen: 
http://www.fritz-bauer-institut.de/legalisierter-raub 
www.hr-online.de/ 
www.dreieich-museum.de

Donnerstag, 6. Juni 2013

„Der Herr wird’s richten – Zeugnisse häuslicher Frömmigkeit"

"Eines der in der Sonderausstellung gezeigten Exponate" Foto: Hamaland-Museum


 Kruzifixe und Schutzengel

Herrgottswinkel, Weihwassergefäße, Kruzifixe und Schutzengel - noch bis in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein gehörten sie ganz selbstverständlich zum "Inventar" vieler Haushalte im katholisch geprägten Westmünsterland. Die evangelischen Nachbarn hingegen schmückten ihr Heim mit einfachen Kreuzen und Spruchkalendern. Eine große Auswahl solcher Devotionalien zeigt nun die neue Sonderausstellung "Der Herrgott wird's richten - Zeugnisse häuslicher Frömmigkeit" im kreiseigenen Hamaland-Museum in Vreden, Butenwall 4.

Die Ausstellung ist bis zum 28. Juli zu sehen. Das Museum hat dienstags bis sonntags in der Zeit von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 2 Euro. Schüler zahlen 1 Euro.


Foto: Hamaland-Museum
Die Sonderausstellung gilt gleichermaßen als Probelauf für die künftige Präsentation dieses Themas in Vreden. Auf einem imaginären Wohnungsrundgang finden die Besucherinnen und Besucher des Museums viele Zeichen häuslicher Frömmigkeit: In der Küche und den Fluren, Schlafzimmern und Stuben hingen Kreuze und Weihwasserbecken. Das Elternschlafzimmer zierten überdies Erinnerungsbilder an Kommunion oder Konfirmation sowie Herz-Jesu- und Herz-Maria-Bilder. Dazu gab es häufig über den Ehebetten ein sogenanntes "Schlafzimmerbild im Handtuchformat", das ein religiöses, aber auch ein weltliches Motiv wie den Elfenreigen zeigen konnte. 

Foto: Hamaland-Museum
Über dem Kinderbett hing oft ein Schutzengel, in der "besten Stube" die Darstellung der Heiligen Familie und in der Küche der Haussegen. "Das empfinden heute viele Betrachter als kitschig und sentimental", berichtet Dr. Annette Menke. "Zu früherer Zeit wurden diese Stücke aber als Andenken geehrt, als Gebetsaufforderung oder als mächtiges Symbol verstanden.

" Ihre Hochblüte hatte die Herstellung dieser Devotionalien in der Zeit von 1900 bis 1920.
Die starken Botschaften, die von religiösen Gegenständen ausgingen, skizziert die Volkskundlerin Christine Aka in ihrem Buch "Nicht nur sonntags": "Sie waren eine Art Symbolprogramm und prägten in ihrem Zusammenwirken die inneren Welten." Dabei hätten sie vorbildhafte Werte vorgegeben, zur Verehrung angeregt und auch Unterhaltung geboten. 


Foto: Hamaland-Museum
"Den Menschen war damals durch die frommen Zeichen immer bewusst, dass niemand sein Schicksal selbst in der Hand hat", erläutert Christine Aka. Krieg und Not, Ungewissheit und Hilfsbedürftigkeit, die Angst vor dem Bösen und dem Elend machten deutlich, dass es der Gnade einer jenseitigen Macht bedurfte, um in der Welt überleben zu können. Die religiösen Exponate, die heute teilweise nur noch dekorativen Zwecken dienen, seien zu ihrer Zeit sofort erkennbare und selbstverständliche Attribute einer Umwelt gewesen, in der die Kirche einen sehr großen Teil des Denkens und Verhaltens beeinflusste.

Die Sonderausstellung des Hamaland-Museums zeigt Objekte, die überwiegend aus der hauseigenen Sammlung stammen. Aber auch Bürgerinnen und Bürger aus Vreden und Umgebung stellten nach einem Aufruf Exponate zur Verfügung. Einige Leihgaben stammen zudem aus dem Museum Religio in Telgte.


Samstag, 30. März 2013

Fischotter-Nachwuchs tollt durchs Münsterland

Belegt mittels Fotofalle: es gibt wieder Fischotter im Münsterland. Foto: LWL/Kriegs


Die Rückkehr der Fischotter

Die Fischotter sind nach Westfalen zurückgekehrt und haben Nachwuchs, so die Forscher des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Darum hat das LWL-Museum für Naturkunde in Münster seinen Ausstellungsbereich angepasst und zeigt ab sofort die neuesten Film-Aufnahmen der Rückkehrer. 


Nach der Ausrottung des Fischotters in NRW in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es für Jahrzehnte keine Otter mehr in der Region. Als dann im Jahre 2009 überraschend zwei Fischotter im Münsterland dem Straßenverkehr zum Opfer fielen, wurden Wissenschaftler hellhörig. Eine Arbeitsgruppe des LWL-Museums für Naturkunde und der Biologischen Station im Kreis Recklinghausen untersucht seitdem kontinuierlich mögliche Vorkommen zurückgekehrter Tiere. So konnten die Zoologen dann auch tatsächlich im zentralen und westlichen Münsterland eine kleine Population des Fischotters durch Fotofallen wiederentdecken.





Aufgrund der neuen Forschungsergebnisse wurde die Fluss-Vitrine im LWL-Museum für Naturkunde aktualisiert. Wissenschaftler Dr. Jan Ole Kriegs (re.) stellte eine seiner Fotofallen für die Vitrine zur Verfügung, welche Präparatorin Sandra Fünfstück neu einrichtete. Foto: LWL/Oblonczyk


Die Tiere vermehren sich. "Ganz aktuell und schon im dritten Jahr in Folge konnten wir an einem Bach eine Otter-Mutter mit Jungtieren nachweisen" sagt Dr. Jan Ole Kriegs, Zoologe am LWL-Museum für Naturkunde. "Wir konnten diese Tiere mithilfe unserer versteckten Kamera fotografieren", so Kriegs. Wahrscheinlich gebe es auch an verschiedenen anderen Gewässern schon Nachwuchs. 


Bereits im dritten Jahr in Folge konnten an einem Bach eine Ottermutter mit Jungtieren nachgewiesen werden. Foto: LWL/Kriegs

Das LWL-Museum für Naturkunde hat darum seine Themenausstellung "Westfalen im Wandel" aktualisiert und stellt den Fischotter etwas genauer vor: Aus dem "ausgestorbenen" Fischotter wurde ein "Rückkehrer". Im Museum und auf seiner Internet-Seite ist ab sofort ein Film über die Fischotter im Münsterland zu sehen, der die aktuellen Forschungsergebnisse erläutert und Aufnahmen der Rückkehrer enthält. 

Ein Fischotter-Präparat wurde in ein Ufer-Diorama der Ausstellung gesetzt. Der durch die Präparatorin Sandra Fünfstück präparierte Otter war Opfer des Straßenverkehrs im brandenburgischen Spreewald. Neben dem Diorama sind Belegfotos im Münsterland lebender Fischotter zu bewundern.



Die Fotofalle zeigt es: der Fischotter fühlt sich in Westfalen wieder Zuhause. Foto: LWL/Kriegs


Weitere Infos unter
http://www.lwl-naturkundemuseum-muenster.de
Museum für Naturkunde/Forschung/Fischotternachwuchs).
Der Film und weitere Otterinfos sind dienstags bis sonntags von 9 bis 18 Uhr im LWL-Museum für Naturkunde, Sentruper Str. 285, 48161 Münster, zu sehen. Eintritt Kinder 3 Euro, Erwachsene 5,50 Euro.


LWL-Einrichtung:
LWL-Museum für Naturkunde
Westfälisches Landesmuseum mit Planetarium
Sentruper Str. 285
48161 Münster
Karte und Routenplaner


Freitag, 29. März 2013

Schwarze Keramik aus Portugal



Verkaufsraum eines portugisischen Töpfers.  Foto: Tobias 


 "Schwarzbrennen" in Portugal

Die Keramikherstellung ist eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen. Es entstand vor Jahrhunderten auch eine besondere Herstellungsmethode: das sogenannte "Schwarzbrennen", welche sich bis heute in Portugal erhalten hat. Ein reduzierender, luftarmer Brand sorgt für die dunkle Einfärbung der Tonwaren. Alltagsgegenstände und Zierkeramiken der schwarzen Keramik präsentiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab Sonntag, 17. März, in seinem Ziegeleimuseum Lage. Bis 13. Oktober sind im LWL-Industriemuseum rund 150 Stücke aus der Sammlung von Werner Tobias sehen. 

Seit 30 Jahren beschäftigt sich der ehemalige Hochschuldozent der Universität Osnabrück mit der besonderen Keramik. In den 1980er Jahren veröffentlichte er ein Buch und einen Film über das Töpferdorf Bisalhães bei Vila Real in Nordportugal. Damals gab es in der Region noch 48 Töpfer, die nur schwarz gebrannt haben; heute sind es noch 16. Werner Tobias hat die Entwicklung in Portugal kontinuierlich verfolgt und bei seinen zahlreichen Besuchen in der Region systematisch eine umfangreiche Sammlung mit über 500 Stücken zusammengetragen. Vor einigen Jahren hat er den größten Teil dieser Sammlung dem Nationalen Ethnologischen Museum in Lissabon vermacht. Die jetzt in Lage ausgestellten Keramiken sind doppelte, aber auch sehr seltene Stücke aus seiner verbliebenen Sammlung. 



Auswahl schwarzer Keramik aus der Sammlung von Werner Tobias. Foto: LWL

Wie die Keramiken entstehen, können Besucher des LWL-Industriemuseums in einem Film verfolgen, den der Sammler 2002 zusammen mit einer portugiesischen Ethnologin produziert hat. Der 30-minütige Film dokumentiert die Arbeit eines Töpfers, der als einziger noch regelmäßig und ausschließlich im "offenen Feldbrand" brennt. "Live" erleben können Gäste die Produktion schwarzer Keramik am ersten Juli-Wochenende. Dann baut der portugiesische Töpfer António Marques einen Meilerofen in Lage auf und brennt Keramiken auf traditionelle Art.


Der Schwarzbrand wird noch heute als traditionelles Handwerk im portugisischen Dorf Molelos betrieben. Foto: Tobias


Hintergrund

Die portugiesischen Töpfer der schwarzen Keramik brennen ausschließlich im Reduktionsverfahren, benutzten aber je nach Region in Form und Größe sehr unterschiedliche Öfen: frei stehende Feldbrandöfen, die rund oder kegelförmig sein können, oder auch in den Hang eingegrabene Öfen, die oben offen sind. Sie brennen auch in gemauerten Öfen oder neuerdings in Gasöfen. Das Besondere: In der letzten Phase des Brandes werden die Tonwaren von oben mit Strauchwerk und Erde abgedeckt. Das Feuerloch wird entweder zugemauert oder ebenfalls mit angeschütteter Erde verschlossen. So gelangt möglichst wenig Sauerstoff in die Kammer. Die Brennphase bei bis zu 1.100 Grad dauert zwischen einer und eineinhalb Stunden; danach müssen die Waren viele Stunden auskühlen.

Die meisten der heute noch tätigen Töpfer fertigen Zier- und Gebrauchskeramik an. Eine Zukunft hat die Schwarzbrand-Keramik in Portugal nur im Dorf Molelos. Die Töpfer dort haben die Arbeitsmethoden modernisiert, experimentieren mit neuen Formen, ohne dabei die Tradition zu vernachlässigen oder gar aus ihr auszubrechen. Und sie erhalten die notwendige Unterstützung der Gemeinde, die Werkstätten stellt und über eine Absatzgenossenschaft bei der Vermarktung der Ware hilft. In allen anderen Dörfern ist kein Nachwuchs in Sicht; die Töpfer sind alle über 60 Jahre alt, und mit ihnen wird dieses traditionsreiche Handwerk in ihren Orten aussterben.

Begleitbuch
Aus Anlass der Ausstellung hat Werner Tobias seine bisherigen Veröffentlichungen zur schwarzen Keramik in einem Buch zusammengefasst: Werner Tobias "Schwarze Keramik in Portugal", Verlag Books on Demand, Norderstedt 2013. 172 Seiten mit zahlreichen Bildern, Karten, Diagrammen. ISBN 978-3-8482-5770-6, 28,90 Euro.
http://www.bod.de

Begleitprogramm
Sa, 13. April, 14 - 17 Uhr

Schwarze Keramik. Workshop für Kinder im Alter von 7 bis 11 Jahren. Anmeldung erforderlich. Teilnahmegebühr inkl. Material: 5 Euro.

Sa, 20. April, 19 Uhr
Portugiesischer Abend. Das Museumscafé Tichlerstoben serviert ein 4-Gänge-Menü aus landestypischen Gerichten und bietet portugiesische Weine zur Verkostung an. Anmeldungen unter Tel. 05232 65555.

So, 5. Mai, 14 Uhr
Schwarze Keramik aus Portugal. Vortrag von Werner Tobias

Sa / So, 6./ 7. Juli
Schwarze Keramik im Meilerofen. Der portugiesische Töpfer António Marques führt das traditionelle Handwerk des Schwarzbrennens vor. 6. Juli: Aufbau des Ofens; 7. Juli: Brand im Ofen. Die produzierten Vasen und Töpfe können im Museumsshop gekauft werden.

Schwarze Keramik
17. März bis 13. Oktober 2013

LWL-Industriemuseum
Ziegeleimuseum Lage


LWL-Einrichtung:
LWL-Industriemuseum - Ziegeleimuseum Lage
Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur
Sprikernheide 77
32791 Lage
Karte und Routenplaner



Gesichter Afghanistans



Babur-Monument, Kandahar, 1953
© Foto: Yvonne von Schweinitz

1953 bereiste die junge Fotografin den Vielvölkerstaat Afghanistan und hielt ihre Eindrücke in hunderten Fotografien fest. Vom 26. Januar bis zum 1. April ist eine Auswahl ihrer Werke im Studio des Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) zu sehen.

Die Nomadenfrau, 1953
© Foto: Yvonne von Schweinitz
Nach erfolgreichen Stationen in Hamburg und Berlin zeigt das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte vom 26. Januar bis zum 1. April die Studioausstellung "Yvonne von Schweinitz. Gesichter Afghanistans. Erfahrung einer alten Welt. Fotografien von 1953".

In Zürich 1953 mit dem Auto gestartet, führt die journalistische Reise die Fotografin Yvonne von Schweinitz sieben Monate durch die Türkei, Syrien, Jordanien, Israel, Irak, Iran nach Afghanistan und Pakistan. Während ihres dreimonatigen Aufenthalts im Vielvölkerstaat Afghanistan besucht sie unter anderem das Bamiyan-Tal mit den berühmten Buddha-Statuen und überquert auf unbefestigten Wegen den Khyber-Pass nach Peshawar/Pakistan in das damals noch autonome Swat-Tal.

Großer Buddha von Bamiyan, 1953
© Foto: Yvonne von Schweinitz


75 ausgewählte ethnologische Raritäten


Großer Buddha von Bamiyan, 1953
© Foto: Yvonne von Schweinitz
Ausgerüstet mit einer Leica M3, einer Rolleiflex sowie einer Polaroid-Kamera sind auf diesen Fahrten zahlreiche Schwarz-Weiß- und Farbfotografien entstanden. Rund 75 dieser Bilder haben die Hamburger Kuratoren Claus Friede und Mathias von Marcard für die Ausstellung ausgewählt.

Die Fotografien gelten ethnologisch als Raritäten und zeigen selten wahrgenommene Seiten des Landes am Hindukusch. Auf eindrucksvolle Weise dokumentiert Yvonne von Schweinitz das Leben, die Kulturen, die Menschen, Clans und Stämme in Afghanistan zu einer Zeit, als es in diesem Land friedlich war.


Die Ausstellung wurde durch Claus Friede*Contemporary Art und Marcard Pro Arte & V V GmbH, Hamburg realisiert und durch die Markert Gruppe, Hamburg/Neumünster gefördert.

Yvonne von Schweinitz, geborene Gräfin von Kanitz, entstammt einer alten ostpreußischen Familie. Während des Studiums in den 1950er Jahren in Freiburg (Romanistik, Kunstgeschichte) begann sie eine Zusammenarbeit mit dem renommierten Pressefotografen Willy Pragher, in dessen Archiv auch ihre späteren Fotoarbeiten aufgenommen wurden.

Straßenszene Jalalabad, 1953
© Foto: Yvonne von Schweinitz

Preise und Öffnungszeiten


Der Eintritt in die Fotoausstellung kostet drei Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Ein Kombiticket für den Besuch des Studios und der Schau "Altpapier meisterhaft" in der Ausstellungshalle (bis 3. Februar) kostet sieben Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Für unter 18-Jährige ist der Eintritt frei.
Die Dauerausstellung ist derzeit aufgrund der Sanierung des Glasdaches der Rotunde geschlossen.
Öffnungszeiten des Museums für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3, Dortmund: Dienstag, Mittwoch, Freitag, Sonntag: 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 20 Uhr, Samstag 12 bis 17 Uhr. Nähere Informationen gibt es unter Telefon 0231 50-26028 und unter www.museendortmund.de/mkk.

Französischer Charme made in Waldkirch

Das internationale Ansehen der Waldkircher Orgelbaufirmen mit ihren hervorragend ausgebildeten Handwerkern lockte zum Ausgang des 19. Jahrhunderts erfolgreiche französische Firmen nach Waldkirch, um von der ansässigen Handwerkskunst zu profitieren und den deutschen Markt zu erobern.

1896 eröffnete die renommierte Orgelbaufirma Gavioli & Cie aus Paris eine Filiale in Waldkirch. Direktor der Niederlassung wurde Richard Bruder aus der bekannten Orgelbaudynastie Bruder. 1908 folgte die Pariser Firma Limonaire Frères . Beide brachten viel französischen Charme und neue wirtschaftliche Impulse in das damals durch seine Handwerkskunst bekannte Städtchen an der Elz. Das von Gavioli entwickelte Lochkartensystem zur Steuerung des Musikprogramms der großen Musikautomaten wurde von den alteingesessenen Firmen übernommen und sicherte ihnen in den folgenden Jahren die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt.

Die in Waldkirch gefertigten Instrumente von Gavioli & Cie und Limonaire Frères bestachen durch ihre interessante Mischung aus französischer Innovation und deutscher Handwerkskunst, einer orgelbautechnisch hervorragenden Qualität und einem französisch geprägtem Klangbild. Die Fassaden der Instrumente waren im Entwurf typische französische Modelle, die zum großen Teil in der Waldkircher Filiale angefertigt wurden. Sie bildeten den eleganten Rahmen dieser deutsch-französischen Gesamtkunstwerke.

Leider entstand in den Jahren zwischen 1896 bis zum Beginn des ersten Weltkrieges 1914 in den Waldkircher Filialen der beiden Pariser Firmen nur eine geringe Anzahl der erstklassigen Jahrmarkts- und Konzertnotenorgeln mit der eigenständigen Prägung. Heute werden diese Instrumente, soweit sie im Originalzustand erhalten sind, von Fachkreisen höher bewertet als die der Pariser Stammhäuser.

Dieses blau-weiß-rote Band zwischen Weltstadt und Waldkirch ist bis heute erhalten geblieben. Mit dem Motto "Paris in Waldkirch" feiert das Internationale Orgelfest 2008 diese wohlklingende Verbindung zwischen Paris und Waldkirch als mitreißende Feier voll Savoir-vivre.


Ein deutsch-französisches Gesamtkunstwerk
 von 1907 aus Waldkirch

Die große 89er Gavioli Konzertorgel wurde um 1907 in allen Teilen von der Waldkircher Gavioli- Filiale gebaut und steht heute im Elztalmuseum.

Dieses späte Exemplar des Unternehmens besitzt die letzte und ausgereifteste Gavioli-Skala 89/4 und zeigt die typische Handschrift des Waldkircher Direktors Richard Bruder. Er hatte es verstanden, mit den unter seiner Leitung gebauten Gavioli Instrumenten eine gelungene Synthese französischer und deutscher Orgelbaukunst zu schaffen.

Die in Waldkirch gefertigte Fassade ist im französischen Stil gestaltet. Zu der Orgel gehört ein großes Musikrepertoire mit exzellenten Bearbeitungen, die größtenteils in den 20er Jahren von der Firma Alfred Bruder geliefert wurden. Für Alfred Bruder hatte in diesen Jahren der legendäre Musikzeichner Gustav Bruder Noten arrangiert und gezeichnet. Bereits das Notenrepertoire lässt erahnen, welche beeindruckenden musikalischen Möglichkeiten in diesem einzigartigen Instrument vorhanden sind.

Bis ins Jahr 1922 kann dank mündlicher Überlieferung die Geschichte des Instrumentes belegt werden. In diesem Jahr wurde die Orgel von der in München ansässigen Schaustellerfirma Mathieu für das moderne und Aufsehen erregende Zeppelin-Karussell angekauft. Nach dem Krieg spielte die Orgel bis etwa 1960 im Schaustellergeschäft von Kitty Mathieu bei der sog. "Todeswand". Nach der Geschäftsaufgabe wurde die Orgel zusammen mit einigen anderen Instrumenten 1965 nach England verkauft. Nach dem Tod des neuen Eigentümers gelang es der Stadt Waldkirch das, für die Waldkircher Orgelbaugeschichte einmalige Instrument zurück zu kaufen.

Die 89er Gavioli- Orgel, die heute im Elztalmuseum steht, ist das einzige in Fachkreisen bekannte, nahezu vollständig erhaltene Original dieser Größe aus der Filiale Waldkirch. Zur Zeit wird das einzigartige Instrument in einer umfassenden Maßnahme von den Werkstätten des Waldkircher Orgelbaus aufwendig restauriert und spielbar gemacht.

E. Flögel März 2008 www.elztalmuseum.de

Samstag, 23. März 2013

Gipsabgüsse wieder entdeckt

Wieder entdeckter Gipsabguss des Ägyptischen Museums
Bild: Henner Euting / Uni Bonn

Der schwere Bombenangriff vom Oktober 1944 hatte einen Großteil der Originale der Bonner Sammlung der Aegyptiaca zerstört und die Gipsabgüsse pharaonischer Denkmäler schwer in Mitleidenschaft gezogen. Was erhalten blieb, wurde bei Aufräumarbeiten in einen Kellerraum des Universitätsarchivs gebracht. Dann gerieten sie in Vergessenheit und blieben dort liegen.
1995 wurde die Gipssammlung wieder gesichtet und ein großformatiges Relief restauriert, das Pharao Sethos I. auf einem Streitwagen zeigt. Im Ägyptischen Museum der Universität Bonn ist dieses Relief längst ein beeindruckender Blickfang. Andere Abgüsse blieben im Keller und verschwanden ein zweites Mal aus dem Blickfeld.

Ende 2012 wurde dann der Kurator des Ägyptischen Museums, Dr. Martin Fitzenreiter, durch den Archivar der Universität, Dr. Thomas Becker, auf die Stücke aufmerksam. Ohne größere Erwartungen begann Dr. Fitzenreiter, die sogenannten Reste zu sichern. Nach einer ersten Säuberung war die Überraschung groß. Es ließen sich viele der Blöcke zu einem Gesamtbild zusammensetzen, zum Beispiel ein über vier Meter hohes Fragment einer als „Libysche Beute“ bekannten Szene aus dem Pyramidentempel des Pharao Sahure aus dem Alten Reich (ca. 2500 v. Chr.). Weiter ist erhalten eine aus acht Einzelblöcken bestehende Szene, die den Pharao Echnaton (ca. 1400 v. Chr.) zusammen mit Gemahlin Nofretete und drei Töchtern zeigt. Weitere Abgüsse zeigen landwirtschaftliche Szenen, Götter und Könige.

Sonderausstellung vom 19. bis 24. März
Obwohl die Wiederentdeckungen restauriert werden müssen, sollen sie zuerst einmal für eine Woche – vom 19. bis 24. März – im Ägyptischen Museum der Universität Bonn gezeigt werden. Die neu gefundenen Gipsabgüsse bereichern das Ägyptische Museum; alle geben Reliefs aus pharaonischer Zeit wieder. Die Originale datieren vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis in die Zeit der Ptolemäer.


„Es sind auch hochinteressante Studienobjekte im Rahmen der ägyptologischen Ausbildung“, erläutert der Kurator Dr. Fitzenreiter. „An ihnen lässt sich die altägyptische Bildkunst sehr viel eindrücklicher studieren, als an einem Foto oder einer Zeichnung.“ Fitzenreiter sieht den Vorteil der Abgüsse vor allem in ihrer Plastizität. „Außerdem sind diese über 100 Jahre alten Abgüsse selbst bereits zeitgeschichtliche Dokumente. Zum einen berichten sie uns vom Zustand der Monumente zur Zeit des Abdruck und zum anderen tragen sie die Spuren ihrer eigenen Geschichte, wenn Brandlöcher und Risse an die verheerende Zerstörung des Krieges erinnern.“

Die Ausstellung kann zu den regulären Öffnungszeiten des Ägyptischen Museums besucht werden, also dienstags bis freitags von 13-17 Uhr und am Wochenende von 13-18 Uhr. Das Ägyptische Museum der Universität Bonn befindet sich im Regina-Pacis-Weg 7, 53113 Bonn.


Donnerstag, 21. März 2013

Getränke zwischen Kultur und Konsum

Die Milch macht's. Junger Bergmann nach der Schicht in Kamp-Lintfort, ca. 1955.
Foto: LWL/Windstosser

 Bier für das Ruhrgebiet, Schnaps für Westfalen

Bier für das Ruhrgebiet, Schnaps für Westfalen - was ist dran an den regionalen Vorlieben für spezielle Getränke? Die Ausstellung "Zum Wohl! Getränke zwischen Kultur und Konsum" geht auf Spurensuche. Sie zeigt die Entwicklung der Trinkkultur und Kultgetränke in Westfalen und dem Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eröffnet die Schau am Freitag, 22. März, um 19 Uhr in seinem Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum, sie ist bis zum 1. September zu sehen.

"Die wichtigsten Getränke haben im Laufe der Geschichte unterschiedliche Konjunkturen erfahren. Mit der Industrialisierung wuchs im Ruhrgebiet ein ungeheurer Durst nach Wasser und Bier. Doch mit dem Strukturwandel hat auch die ehemalige Bierstadt Dortmund ihren einstigen Spitzenplatz in Europa verloren", erklärte LWL-Museumsleiter Dietmar Osses am Donnerstag (21.3.) bei der Vorstellung der Ausstellung und des umfangreichen Begleitprogramms. So spiegelten die Getränke nicht nur den jeweiligen Zeitgeist wider, sondern auch die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten.

Mit zahlreichen Exponaten, Fotos und Dokumenten gibt die Ausstellung am Beispiel von Bier und Schnaps, Wasser und, Limonade, Milch, Kaffee und Tee einen Einblick in die Produktion, das Image und den Konsum des flüssigen Kulturguts im Wandel der Zeit. Die Ausstellung zeigt die sozialen Zuschreibungen und Konjunkturen, denen der Konsum der verschiedenen Getränke unterliegt, und beleuchtet die Hintergründe.

Emmy Olschewski 1981 vor ihrer Trinkhalle
 in Castrop-Rauxel. Die Bude steht jetzt in der
Ausstellung "Zum Wohl".  Foto: LWL
Wasser ist das natürlichste aller Getränke und heute doch ein High-Tech-Produkt. Maschinelle Produktion und künstliche Kohlensäure machten das Mineralwasser Ende des 19. Jahrhunderts im Ruhrgebiet populär. Aus den Verkaufsständen der Mineralquellen aus der Eifel entwickelten sich die Trinkhallen im Revier - bis heute eine weit verbreitete und hoch geschätzte Institution im Ruhrgebiet.

Die originale historische Trinkhalle von Emmy Olschewski aus dem Jahr 1921 bildet entsprechend den Mittelpunkt der Ausstellung. Bis 1995 stand sie in der Bergarbeitersiedlung Schwerin in Castrop-Rauxel. Die Trinkhalle sicherte der Bergmannswitwe Anna Jaeger und ihrer Tochter Emmy Olschewski Jahrzehnte lang das Einkommen und galt als wichtiger Ort der Nahversorgung und als Nachrichtentreff der Nachbarschaft.


Über 100 Jahre alt ist dieses Werbeschild
von Sinalco. Foto: LWL



Limonade wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Mäßigkeitsbewegung als alkoholfreie Alternative zu Schnaps und Bier propagiert. Die Marke Sinalco - ein Kunstwort aus dem lateinischen "sine alcohol" - ohne Alkohol - trat ab 1905 aus dem ostwestfälischen Städtchen Lage und später Detmold ihren Siegeszug durch ganz Deutschland und Europa an.

Schnaps diente bis in die Anfänge der Industrialisierung als günstiger Energielieferant für die Ärmsten der Gesellschaft. Im Maschinenzeitalter brachten die berauschende Wirkung und drohende Alkoholsucht hochprozentigen Alkohol in Verruf. Vor allem in den ländlichen Regionen Westfalens haben Konsum und Herstellung von Schnaps bis heute jedoch ihre Bedeutung bewahrt.


Bier erlebte als erfrischendes Getränk mit geringem Alkoholgehalt im Industriezeitalter eine einzigartige Hochkonjunktur. Neue Brau- und Kühlverfahren machten Bier zum beliebten Massengetränk im Ruhrgebiet. Der Dreiklang Kohle, Stahl und Bier bildete viele Jahre lang das Motto der Biermetropole Dortmund, die Anfang der 1970 Jahre mit mehr als siebeneinhalb Millionen Hektolitern Bierausstoß pro Jahr den Spitzenwert in Europa erzielte. Mit dem Niedergang von Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie schwanden seit Mitte der 1960er Jahren die Massenarbeitsplätze, und auch der Bierkonsum ging deutlich zurück. Heute dominieren wenige Großbrauereien den deutschen Markt. Viele der bekannten Biersorten und Biermarken wie Schlegel oder Hülsmann sind verschwunden. Einige wenige kleinere Privatbrauereien wie die Bochumer Fiege-Brauerei können sich jedoch am Markt behaupten.

Historische Knickerflaschen waren bis in die 1950er Jahre in Gebrauch. Foto: LWL


Milch ist nahrhaft, galt aber wegen der geringen Haltbarkeit bis Anfang des 20. Jahrhunderts als riskant. Mit verbesserten Möglichkeiten zur Kühlung und Vorbeugung gegen Keime entwickelte sich die Milch schließlich vom Risikogetränk zum gesunden Grundnahrungsmittel. Als Vorbeugung gegen Vergiftungserscheinungen war sie für die Arbeiter in Kokereien und an Hochöfen oft Pflicht.


Kaffee galt lange als teures Luxusgut für die "bessere Gesellschaft". Erst im 20.Jahrhundert breitete sich der Kaffeekonsum in allen Gesellschaftsschichten aus. Aus den Bergwerken des Ruhrgebiets war die "Kaffeepulle" bald nicht mehr wegzudenken. Heute ist Kaffee in seinen vielfältigen Formen das am meisten konsumierte Getränk in Deutschland.

Tee gelangte mit den Entdeckungsreisen aus Fernost nach Europa. Im Industriezeitalter entwickelte sich die Luxusware zum Massenprodukt. Hochofenarbeiter schätzten den Tee als Hilfe gegen hohen Flüssigkeitsverlust. Für viele Arbeiter aus Südeuropa bedeutete das Teetrinken in vertrauter Runde ein Stück Heimat in Deutschland.


Begleitprogramm:

Freitag, 22. März, 19 Uhr

Eröffnung der Ausstellung mit Ausstellungsrundgang und Begleitprogramm

Montag, 1. April, 16 Uhr
Offene Führung durch die Ausstellung

Samstag, 6. April, 16 Uhr
Vortrag mit Workshop und Verkostung: Kaffee - das Schmiermittel der Industrialisierung. Geschichte, Globalisierung und guter Geschmack. Mit Kaffeeröster Alex Kunkel.
Anmeldung unter Tel. 0234 6100-847

Sonntag, 7. April, 14 Uhr
Vortrag mit Workshop und Verkostung: Kaffee - das Schmiermittel der Industrialisierung. Geschichte, Globalisierung und guter Geschmack. Mit Kaffeeröster Alex Kunkel.
Anmeldung unter Tel. 0234 6100-847

Freitag, 26. April, 19 Uhr
"Korn, Schnaps und lecker Likörchen". Workshop mit Olaf Vorberg zur Geschichte der Schnapsbrennereien und Likörherstellung in Bochum. Mit Kostprobe.
Anmeldung unter Tel. 0234 6100-847

Montag, 20. Mai, 14 Uhr
"Kaffeeklatsch". Führung durch die Ausstellung "Zum Wohl" mit Gespräch bei Kaffee und Kuchen. Anmeldung unter Tel. 0234 6100-847. Kosten: 5 € pro Person.

Donnerstag, 6. Juni, 19 Uhr
"Vom Wasserhäuschen zur Seltersbude". Trinkhallen im Ruhrgebiet. Vortrag von Dietmar Osses

Sonntag, 30. Juni, 16 Uhr
Offene Führung durch die Ausstellung

Samstag, 6. Juli, 21-23 Uhr
Bierkenner-Wettbewerb zur Extraschicht - Nacht der Industriekultur. In Zusammenarbeit mit dem Dortmunder ProBier-Club. Kosten: Sondereintritt Extraschicht.

Sonntag, 21. Juli, 14 Uhr
"Kaffeeklatsch": Führung durch die Ausstellung "Zum Wohl" mit Gespräch bei Kaffee und Kuchen. Anmeldung unter Tel. 0234 6100-847. Kosten: 5 € pro Person.

Sonntag, 28. Juli, 14 Uhr
Cocktails für Kinder: Workshop und Ausstellungsrundgang. Bunte Säfte und frische Früchte werden in eigens dekorierten Gläsern hergerichtet. Anmeldung unter 0234/ 61 00 847. Kosten: 3 € pro Person

Sonntag, 11. August, 14-16 Uhr
Cocktails für Kinder: Workshop und Ausstellungsrundgang. Bunte Säfte und frische Früchte werden in eigens dekorierten Gläsern hergerichtet. Anmeldung unter 0234/ 61 00 847. Kosten: 3 € pro Person.

Sonntag, 25. August, 14 Uhr
Offene Führung durch die Ausstellung

Sonntag, 1. September, 16 Uhr
Finissage der Ausstellung "Zum Wohl" mit Musik und Begleitprogramm.

Zum Wohl. Getränke zwischen Kultur und Konsum
LWL- Industriemuseum Zeche Hannover
23. März bis 1. September,
geöffnet Mi-Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr
Günnigfelder Straße 251 I 44793 Bochum
http://www.lwl-industriemuseum.de


LWL-Einrichtung:
LWL-Industriemuseum Zeche Hannover
Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur
Günnigfelder Straße 251
44793 Bochum
Karte und Routenplaner

Montag, 11. März 2013

Perspektiven von Museen im Blick

Das Regionalmuseum Kaufungen. Foto: Landkreis Kassel

15 Museen im Landkreis Kassel standen im Fokus einer gemeinsam vom Hessischen Museumsverband und vom Landkreis Kassel in Auftrag gegebenen Studie "Zur Lage der Museen im Landkreis Kassel".

"Auf 75 Seiten liegen jetzt belastbare Aussagen zu den größeren Museen im Kreis vor - das ist eine sehr gute Grundlage für die Museen selbst, wie auch für die Sitzkommunen der Museen", ist sich Vizelandrätin Susanne Selbert sicher. Die durch die großzügige Unterstützung der Kasseler Sparkasse ermöglichte Studie wurde von den beiden Museumsexperten Kirsten Hauer und Friedhelm Krause aus Marburg erarbeitet. "Wir schlagen auf der Basis der aktuellen Situation der Museen eine Reihe von Initiativen vor, um die Zukunftsperspektiven der Museumslandschaft im Kreis zu verbessern", betonen Hauer und Krause.

Die Erarbeitung der Studien habe gezeigt, dass die Bereitschaft bei den Museen sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen, groß ist. Zu den konkreten Vorschlägen gehört eine besser abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit. "Wir können uns hier den Hessentag in Kassel als Chance für die Kreismuseen vorstellen", so Hauer und Krause. "Diese Idee haben wir sofort aufgegriffen: 14 Museen werden sich auf dem gemeinsamen Hessentagsstand von Stadt und Landkreis Kassel in der Landesausstellung vorstellen - außerdem werden wir unseren Museumsflyer neu auflegen", kündigt Vizelandrätin Selbert an.

Ein weiterer Vorschlag bezieht sich auf das Angebot des Hessischen Museumsverbandes mit dem neu aufgelegten Projekt "SMS - Sammeln mit System" als erstes im Landkreis Kassel zu starten.

Hierbei geht es darum, den Museen über ein Schulungsprogramm Hilfe zur Selbsthilfe bei der Qualifizierung und Weiterentwicklung ihrer Sammlungen anzubieten und sie bei den ersten Schritten in diese Richtung aktiv zu unterstützen. Ziel ist es, die Museumslandschaft im Kreis "von unten nach oben zu entwickeln". Die große Bereitschaft der beteiligten Museen, an einer solchen Sammlungsoptimierung teilzunehmen, sehen die Auftraggeber der Studie als positives Signal.

"Für uns als Museumsverband ist das eine gute Nachricht, da gerade die Museen im ländlichen Raum in den nächsten Jahren vor einer Vielzahl von Problemen stehen", betont Dr. Rolf Luhn, Geschäftsführer des Hessischen Museumsverbandes. In Zeiten "klammer öffentlicher Kassen" seien notwendige Investitionen in die Sammlungen und die Museumsinfrastruktur immer schwieriger zu realisieren. Dr. Luhn: "Um so mehr gilt es, jetzt wichtige Entscheidungen vorzubereiten, die die Zukunft der Museen unmittelbar berühren. Dazu gehören auch vor dem Hintergrund des anstehenden Generationswechsels in vielen Häusern eine klare Profilierung der Sammlungen ebenso wie die Sicherung der fachlichen Qualität der Museumsarbeit durch Qualifizierungsangebote für die ehrenamtlich Tätigen." Wenn vor diesem Hintergrund gemeinsam mit den Museen an Konzepten für ihre sichere Perspektive gearbeitet wird, decke sich dies mit den Zielen des Museumsverbandes.

Ein weiterer Vorschlag von Hauer und Krause bezieht die Museumslandschaft Hessen-Kassel mit ein: "Wir schlagen vor, dass die Abteilung Volkskunde und die Museen im Kreis gemeinsame Ausstellungsprojekte angehen - die bereits angekündigte Bereitschaft von Frau Dr. Lüdicke, der Leiterin der volkskundlichen Sammlungen des Landesmuseum, ist ein tolles Signal".

"Unser Ansatz ist es, Transparenz über die Perspektiven der Museen im Kreis zu schaffen, damit die Kommunalpolitik in die Lage versetzt wird, auf einer sicheren Datengrundlage die richtigen Entscheidungen zu treffen", ergänzt Vizelandrätin Selbert. Der Landkreis selbst sei leider nicht in der Lage, den Museen finanziell "unter die Arme zu greifen, aber wir können im Bereich Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen", so Selbert weiter.

"Für die Kasseler Sparkasse ist diese Studie ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man frühzeitig Probleme benennt, Herausforderungen angeht und so die einzelnen Museen zukunftssicherer macht", betont Ingo Buchholz, Vorstandsvorsitzender der Kasseler Sparkasse.

Die Studie für die 15 Museen im Landkreis förderte die Kasseler Sparkasse mit 20.000 Euro. "Wir unterstützen traditionell die Museumslandschaft, denn sie trägt zur Attraktivität unserer Region bei", erklärte Ingo Buchholz, Vorstandsvorsitzender der Kasseler Sparkasse. Diese engagiert sich in vielerlei Hinsicht für die Museen mit ihren Stiftungen und mit Spenden, aber auch personell in den Trägervereinen. "Die Initiative ist gutes Beispiel dafür, wie man frühzeitig Probleme benennt, Herausforderungen angeht und zukunftsorientierte Strukturen schafft", sagte Buchholz.

Freitag, 1. März 2013

Wo Geschichte lebendig wird

Kevin Gröwig ist der neue Museumspädagoge im Niederrheinischen Freilichtmuseum des Kreises Viersen.
Foto: Benedikt Giesbers

Geschichte in den unterschiedlichen Facetten

Im Niederrheinischen Freilichtmuseum wird Geschichte in den unterschiedlichen Facetten lebendig. Die Besucher erfahren, wie die Menschen am Niederrhein früher gelebt und gearbeitet haben. Wie lebte die Bauernfamilie? Wann stand der Bäcker morgens im Backes? Wie wurde das Dach isoliert gegen Sturm und Hagel? Wie arbeiteten Sattler, Schmied, Imker? Was war im Tante-Emma-Laden los? Was wuchs im Kräutergarten? Womit spielten die Kinder? All diese Facetten bringt den Besuchern der neue Museumspädagoge Kevin Gröwig näher.

"Das museumspädagogische Programm für Kinder und Erwachsene ist  speziell zugeschnitten. Auf Wunsch bieten wir auch Führungen mit besonderen Schwerpunkten an", sagt der Volkskundler Gröwig. Der gebürtige Niederrheiner konnte das Niederrheinische Freilichtmuseum in den vergangenen knapp zwei Jahren aus seiner Zeit als wissenschaftlicher Volontär bereits intensiv kennen lernen. Familien, Schulklassen, Freundeskreise, aber auch Einzelne bekommen auf dem naturnahen und vier Hektar großen Museumsgelände einen lebhaften Eindruck vom Leben der Menschen in früherer Zeit.

"Aber auch, wer auf eigene Faust übers Gelände schlendern will, wird nicht allein gelassen", sagt der 31-Jährige und verweist auf die zahlreichen  Infotafeln an den entsprechenden Objekten. In der Dorenburg liegen Info-Blätter zu verschiedenen Themenbereichen aus.

3 Fragen an Kevin Gröwig

Was ist Ihre Aufgabe als Museumspädagoge?
Meine Haupttätigkeit liegt in der konzeptionellen Arbeit. Darin enthalten sind neben der Entwicklung neuer Führungen auch die Erarbeitung spezieller Aktionen zu regelmäßig stattfindenden Großveranstaltungen wie Mairitt oder Treckertreff. Außerdem die Planung von Begleitprogrammen zu den wechselnden Sonderausstellungen. Ein weiteres Aufgabenfeld stellt die aktive Pflege von Kontakten zu  Bildungseinrichtungen wie Schulen und Museen dar.

Was ist Ihre erste Aktion?
Meine erste Aufgabe besteht in der Neukonzipierung eines Kindergeburtstagsprogramms. Mädchen und Jungen haben die Möglichkeit, bei uns zusammen mit ihrer Familie und ihren Freunden  ihren Geburtstag zu feiern. In diesem Rahmen wird ihnen auf spielerische Weise Hintergrundwissen zu volkskundlichen Themen wie Leben auf dem Land, Märchen oder historisches Spielzeug vermittelt.

Was prädestiniert Sie für den Job?
Ich habe gelernt, die wichtigsten Aspekte aus volkskundlichen und historischen Themen herauszufiltern und anschaulich zu vermitteln. Dabei ist es gerade bei der Arbeit mit Kindern von Vorteil, die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können.
Kevin Gröwig - Biographisches

2004-2009 Studium der Geschichte und Volkskunde in Göttingen und Münster
seit 2004 Mitarbeit an museumspädagogischen Programmen und Projekten im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer, im Museum Neukirchen-Vluyn, im Grafschafter Musenhof in Moers und im Niederrheinischen Freilichtmuseum in Grefrath
2008-2011 Zooführer in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen und im Zoo Krefeld
2011-2013 wissenschaftlicher Volontär im Niederrheinischen Freilichtmuseum in Grefrath