Singvögel können riechen und nutzen ihren Geruchssinn, um das eigene Nest nach dem Ausfliegen wiederzufinden. Das zeigten die Verhaltensforscher Dr. Tobias Krause und Dr. Barbara Caspers von der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld in früheren Studien. Doch ist die Fähigkeit, das eigene Nest geruchlich zu erkennen, angeboren oder wird sie nach dem Schlüpfen entwickelt? Das war bislang unklar. In ihrer neuen Studie zeigen die Forscher: Singvögel erlernen diese Fähigkeit – und zwar schon in den ersten Lebensstunden nach dem Schlüpfen. Die Studie ist am 31. Mai 2013, in „Animal Behaviour“ erschienen, einem der weltweit führenden Fachjournale zur Verhaltensforschung.
Um herauszufinden, ob die Fähigkeit zur Wiedererkennung angeboren oder erworben ist, haben Krause und Caspers in einem Experiment die Bedingungen verändert, unter denen die Vögel schlüpfen. Sie haben Eier aus den Nestern der biologischen Eltern in fremde Nester gelegt.
Wenige Stunden alte Zebrafinken.
© Foto: www.uni-bielefeld.de
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„Für Jungvögel stellt das eigene Nest einen Ort des Schutzes dar, in dem sie auch nach dem Ausfliegen noch von ihren Eltern gefüttert werden“, sagt Barbara Caspers. „Deswegen ist es wichtig, dass sie ihr Nest auch nach dem Ausfliegen wiedererkennen.“
In einer früheren Studie belegten die Verhaltensforscher, dass Küken,
die kurz nach dem Schlüpfen in ein fremdes Nest getauscht wurden, das
Nest ihrer Herkunftsfamilie bevorzugten. Die neue Studie beweist, dass
diese Vögel den Geruch des Herkunftsnests wenige Stunden nach dem
Schlüpfen gelernt haben müssen. „Im Gegensatz dazu gibt es mitunter
Säugetiere, die den Geruch der Mutter schon während der Zeit der
Schwangerschaft lernen“, sagt Tobias Krause.
Die Forscher gehen davon aus, dass das Wissen darüber, welches Nest fremd und welches das eigene ist, nicht alleine zum Wiederfinden von Nestern genutzt wird. „Schon vor unserer Studie war klar, dass Singvögel wie andere Tiere auch Inzucht vermeiden“, sagt Krause. „Es ist also durchaus möglich, dass die Information über den Familiengeruch genutzt wird, um später bei der Suche nach einem geeigneten Partner, Verwandte von Nicht-Verwandten zu unterscheiden.“ Dieser Frage wollen die Wissenschaftler in künftigen Untersuchungen nachgehen.
Die Studie ist erschienen in:
Animal Behaviour online vom 31.05.2013 http://www.sciencedirect.com/science/article